Nshima mit Tomatensoße… und Schokolade!

Nach langer Zeit melde ich mich mal wieder aus Sambia. Im März musste ich leider eine besuchsbedingte Pause beim Blog-Schreiben einlegen: Mein Freund Erik nutzte seine Semesterferien, um mich hier zu besuchen. Hinter uns liegen über drei wunderschöne, ereignisreiche Wochen. Einige Tage verbrachte Erik auch hier in Sinazeze und zu dem Anlass gab es Hühnchen zum Abendessen. So frisch habe ich wahrscheinlich noch nie Huhn gegessen, denn es wurde extra für uns am selben Tag geschlachtet – und ich durfte mithelfen, es zuzubereiten.

 

 

Ein bisschen aufgeregt bin ich an diesem Tag schon. Unsere Nachbarin wird mir zeigen, wie man ein Huhn ausnimmt. Sie bringt eines ihrer Hühner mit – lebend natürlich, doch das bleibt nicht lange so. Mit einem Messer schneidet sie ihm die Kehle durch. Dann begießt sie das Huhn, das sie in eine Schüssel gelegt hat, mit kochendem Wasser, um beim Rupfen die Federn leichter entfernen zu können. Dabei kann ich dann auch mithelfen. Es ist gar nicht so schwierig, die Federn aus der Haut zu ziehen, aber sie bleiben leicht an den Fingern kleben.

Als unsere Nachbarin anfängt, das Huhn zu zerteilen und auszunehmen, schaue ich doch lieber nur zu. Das Herz ist erstaunlich klein und kommt zu den essbaren Sachen – neben Flügeln, Schenkeln und Brust natürlich; aber auch der Hals, die Leber und die Füße werden zubereitet. Und das ist recht einfach: Mit Öl und Salz kommt das Fleisch in einen Topf und wird gegart. Aus dem Sud kann man zusammen mit ein paar Tomaten noch eine Soße machen – fertig.

 

Kleine Auswahl in der Township

 

Das Lebensmittelangebot ist im ländlichen Sambia oft stark eingeschränkt. Die Leute haben kaum Chancen, Importwaren zu kaufen.

Sinazeze Township ist, was das angeht, ein bisschen wie eine Oase in der Wüste: Es gibt Läden, in denen Besen, Plastikwannen und -eimer verkauft werden. Andere bieten alles Mögliche an, von Nägeln über Klebstoff bis zu Holzbalken und Stacheldraht. In manchen Geschäften werden Kleidung und Perücken verkauft; manchmal inklusive Frisör oder Schneiderei. Der Schlachter („Zambeef“) hat neben diversen Fleischprodukten auch Öl und Eier im Sortiment. Und dann gibt es zwei „Supermärkte“. Sie gleichen eher Tante-Emma-Läden, mit ihren langen Theken und dem einzelnen, hohen Regal dahinter. Dort findet man Nudeln und Reis, Mehl, Margarine (die im Vergleich zur Butter wirklich nicht schmeckt), Milch und Kekse, außerdem Waschpulver und Softgetränke. Und natürlich „mealie meal“. Doch dazu gleich.

 

Frisches Obst und Gemüse kann man am besten auf dem Markt kaufen – das sind in Sinazeze einfach Holztische oder kleine Stände, die überall in der Township verteilt sind. Auf ihnen stapeln sich hauptsächlich Tomaten. Tomaten sind eines von wenigen Lebensmitteln, die ganzjährig zum Verkauf stehen. Kohl und Zwiebeln findet man auch oft; und wenn man Glück hat, gibt es auch Kartoffeln oder Auberginen. Rote Bohnen und rohe Erdnüsse verkaufen die Standbesitzer abgepackt in kleinen Tütchen.

Die Regenzeit ist Mais-Zeit und überall kann man rohen, gekochten oder gegrillten Mais erwerben, den viele Leute hier zwischendurch essen. Jetzt neigt sich diese Saison aber leider schon dem Ende entgegen.

Auch das Obst-Angebot hängt sehr stark von der Saison ab. Bananen und aus Südafrika importierte Äpfel findet man das ganze Jahr über. Wurde vor dem Regen fast nur Tamarinde angeboten (Wer nicht weiß, was Tamarinde ist: Ein Hoch auf Google und Wikipedia! Ich kannte diese Frucht vorher auch nicht.), quoll der Markt zu Beginn der Regenzeit fast über vor Papayas und Mangos. Jetzt, wo der Regen immer weniger wird, gibt es Guaven und Zitronen, die hier aber selten richtig gelb werden, sondern oft klein und grün bleiben.

Viele Leute bieten an ihren Ständen auch „Fritas“ an, kleine Bällchen aus Hefeteig, die in viel Öl frittiert werden.

 

„Nshima“ – typisch afrikanisch

 

Was sich auf dem Land und in den Städten gleicht – was es überall in Sambia gibt, ist „Nshima“. Nshima ist das typische Gericht in Sambia – und auch in vielen anderen afrikanischen Ländern, wenn auch unter unterschiedlichen Namen bekannt. Im Swahili-Sprachraum heißt es „Ugali“, in vielen Ländern wird es „Pap“ genannt – was es recht gut beschreibt. Es geht um festen, pappigen, relativ geschmacksneutralen Maisbrei.

Zubereitet wird Nshima mit dem sogenannten „mealie meal“ – Maismehl, das erst mit Wasser gekocht wird und schließlich, durch hinzugeben von mehr Mehl, zu einer festen Masse verrührt wird. Das ist gar nicht so einfach, denn wenn das Rühren (oder „Härten“) ganz anstrengend wird, sind die Arme bereits lahm. Bei mir zumindest – die meisten Sambierinnen (und oft auch Sambier) machen das, seit sie ungefähr zwölf Jahre alt sind, jeden Tag und haben damit keine Probleme mehr.

Gegessen wird der fertige Maisbrei ohne Besteck – man rollt das Nshima in der rechten Hand zu einem kleinen Ball, mit dem man dann Soße und weitere Beilagen aufnehmen kann.

 

Denn zum Nshima gibt es immer mindestens eine Beilage. Das können rote Bohnen sein, gekocht mit Tomaten und Zwiebeln; oder Kohl, zusammen mit Tomaten und Zwiebeln; oder eine einfache Tomatensoße – alles ausschließlich mit Salz gewürzt. Man merkt, wer keine Tomaten mag, bekommt in Sambia schnell ein Problem.

Es gibt aber auch für Europa ungewöhnliche Beilagen: Okra zum Beispiel, das aussieht wie eine kleine grüne Gurke und eine seltsam schleimige, seifig schmeckende Soße ergibt – nicht mein liebstes Essen. Oder Kürbis- oder Süßkartoffelblätter, die klein geschnitten und gekocht werden und tatsächlich stark nach – nun, Blättern schmecken. Hier nahe des Karibasees essen die Leute auch öfter mal Kapenta. Das sind winzige Fische (kleiner als mein kleiner Finger), die getrocknet und dann ganz gegessen werden.

Wenn mal etwas Besonderes ansteht oder man sich einen Luxus gönnen will, wird das Essen ergänzt durch eine Fleischbeilage. Selten gibt es Rind, das muss beim Schlachter gekauft werden und ist für sambische Verhältnisse nicht ganz günstig. Aber Hühner hält hier fast jeder und es gehört zu den Dingen, die eine sambische Frau traditionell können muss, ein Huhn zu schlachten, auszunehmen und zuzubereiten. Auch größeren Fisch, „Kariba-Brassen“ frisch aus dem Karibasee, essen die Sambier gerne zum Nshima. Nach dem Ausnehmen wird er meist in der Pfanne gebraten – inklusive Kopf und Flossen.

 

Tägliches Kochen: „Learning by doing“

 

In Sambia habe ich bisher nicht nur gelernt, wie man Huhn zubereitet, auch sonst haben sich meine Kochkünste verbessert. Fisch ausnehmen wurde mir auch von Nachbarn beigebracht, aber ansonsten ist die Selbstständigkeit der beste Lehrer – und das mangelnde Angebot. Soßenbinder zum Beispiel habe ich in Sambia noch nicht gesehen und Sahne ist äußerst selten. Das stellte mich am Anfang fast vor ein Problem, aber auch dank Marcel habe ich schnell gemerkt, dass man mit Milch und Mehlschwitze eine fast genauso gute Soße machen kann.

Was es auch oft zu essen gibt, ist Tomatensoße – mal mit Mais, mal mit Wurst, selten mit Aubergine, zusammen mit Nudeln oder Reis. Man muss nur die Tomaten klein schneiden und in der Pfanne verkochen lassen und schon hat man eine leckere Soße – bei uns oft gewürzt mit Oregano. Gewürze haben Marcel und ich ziemlich am Anfang des Sambia-Jahres aus Lusaka und Choma mitgebracht.

 

Aber, ehrlich gesagt, beschränke ich mich nur selten auf die Lebensmittel, die es bei uns in der Township zu kaufen gibt. Ungefähr jedes zweite Wochenende verbringe ich woanders, in Choma, Lusaka oder Livingstone, und dort ist die Auswahl um einiges größer als hier auf dem Land. Im – „echten“ – Supermarkt kann man Käse und Butter finden und meistens gibt es braunes Brot. Das ist zwar nicht wirklich „braun“, wie das Graubrot in Deutschland, aber zumindest ein bisschen interessanter als das hier übliche pappige Weißbrot. Und Schokolade kann man da kaufen! Die schmeckt auch gar nicht mal schlecht.

Wenn man nach Sinazeze fährt, muss man in jedem Fall durch Batoka hindurch, einen Ort, in dem unerklärlicherweise die Auswahl an frischem Gemüse deutlich größer ist als hier in der Township. Dort kaufen Marcel und ich häufig grüne Bohnen, grüne Paprika oder – wenn wir Glück haben und es welche gibt – Karotten. Brokkoli gibt es leider fast nur in Lusaka, aber einmal haben wir welchen mitgebracht und Auflauf gemacht – das beste und luxuriöseste Essen, das ich hier bisher hatte. Vielleicht bis auf das eine Mal, als wir Zucchini ergattert hatten und es Rindergeschnetzeltes gab.

 

 

Ihr seht also, hier habe ich bisher vor allem zwei Sachen gelernt: kochen – und auch mal die kleinen Dinge wertschätzen. Zumindest, wenn es dabei um Brokkoli geht… Oder um einen Abstecher ins Lokal, sodass ich mal einen Abend Zeit habe, mich vom Essen machen auszuruhen. Restaurants befinden sich in Sinazeze nämlich leider auch so gut wie keine.

Ein Kommentar zu „Nshima mit Tomatensoße… und Schokolade!

  1. Hi Janne,
    ich habe gerade das erste mal in deinem Blog gelesen und muss sagen: Ich bin echt beeindruckt!
    Das ist ja eine ganz andere Welt in der du da lebst und es wirklich spannend, das mal ein wenig durch deine Augen zu sehen.
    Viel Spaß und Erfolg noch!
    Leonard

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